Aalener Start-up auf Abenteuer-Trip
Publiziert in der Schwäbischen Post, Ausgabe 18. Mai 2021
Martin Simon - Schwäbische Post, 18. Mai 2021
4 Min. Lesezeit
Aalener Start-up auf Abenteuer-Trip
Die Iceberg GmbH sucht und findet weltweit Nischen im Internethandel – und füllt diese mit eigenen Produkten. All dies geschieht vom Innovationszentrum (INNOZ) in Aalen aus. Von Martin Simon, Schwäbische Post
„Iceberg GmbH“: (von links stehend) Marco Ilzhöfer, Matthias Ly, Vadim Simonov, (kniend) Andreas Ly und Markus Strobel. Foto: privat ”Wir sehen uns nicht als Unternehmen mit Mitarbeitern, sondern als Gefährten in einem gemeinsamen Abenteuer.“ Andreas Ly CEO Iceberg GmbH.
Die Hochschule Aalen gilt als gründungsstärkste in Deutschland. Das liegt an der hohen Qualität der Lehre und an den guten Rahmenbedingungen für Gründer. Einen Steinwurf vom Campus entfernt liegt das Innovationszentrum, in dem Start-ups erste Schritte in die Wirtschaft wagen. Eines davon ist die „Iceberg GmbH“. Und Andreas Ly (28, CEO und Gründer), Markus Strobel (28, CEO und Gründer), Vadim Simonov (31, Vollzeit-Allrounder), Mathias Ly (24, Teilzeit-Angestellter, derzeit Ausbildung als „E-Commerce Kaufmann“) und Marco Ilzhöfer (20, Werkstudent, derzeit Student „E-Commerce“) haben nicht weniger vor, als von Aalen aus den Internethandel aufzumischen.
Wie das läuft? Nehmen wir Amazon. Viele durchstöbern den riesigen Marktplatz, hinterlassen Millionen Klicks auf Produkten und auch Kommentare. „Iceberg“ analysiert mit ihren Werkzeugen, was besonders oft gekauft wird. Viele Produkte werden auf Amazon zwar verkauft, sind jedoch nicht an die Anforderungen von Amazon-Kunden perfekt angepasst. Manchmal liege das an Kleinigkeiten, wie unklarer Produkt- oder Vertriebswegebeschreibung, manchmal auch daran, dass ein Produkt mit nicht optimal geeigneten Materialien gefertigt wurde, andere Schwachstellen habe oder zu teuer sei, erläutern die Iceberg-Macher.
Hier kommt wieder Iceberg ins Spiel. Das Unternehmen versucht herauszufinden, welche Produkte das sind, und analysiert, weshalb ein Produkt noch nicht optimal verkauft wird. Ist ein solches Produkt eruiert, analysiert Iceberg wie und ob dieses besser vermarktet, gefertigt oder vertrieben werden könnte. Dadurch entstehen oft komplett neue Produktvariationen, die es so noch gar nicht gibt. Im Fachjargon sagt man: Iceberg entwickelt Produkte mit eigenen/ neuen Alleinstellungsmerkmalen (engl. Unique selling propositions, kurz USPs).
Die Ideen werden in gemeinsamen Workshops generiert. Dabei wird ein Prototyp geschaffen und bei Freunden und Familie holt sich das Team „echte Kundenmeinungen“. Danach gehe es in die Kommunikation mit potenziellen Partnern für die Herstellung, erklärt Markus Strobel. Geht alles glatt, lässt das Start-up ein eigenes Produkt fertigen und bringt es via Amazon oder die eigenen Online-Shops auf den Markt. „Datenbasierte Produktentwicklung qualitativ hochwertiger Produkte für die praktische Anwendung“, nennt das Andreas Ly. Und ist sicher: „Alles kann doch noch besser gemacht werden.“
Die Iceberg-Produktpalette reicht inzwischen von der eleganten Homeoffice-Ausstattung bis hin zu innovativen Outdoor- Produkten. Verkauft wird nur online. „Das bringt große Reichweite, erspart stationäre Läden und ermöglicht einen kostengünstigeren, einfacheren und automatisierten Vertrieb im Internet“, erklärt Markus Strobel. Warum Amazon? „Bietest du ein Produkt auf Amazon an, hast du ganz Deutschland als Kunde. Amazon ist unser Sprungbrett.“ Produziert wird in Asien und in Europa. Das bedeutet ab und zu Flugreisen, meist aber intensive Fern-Kommunikation auf allen digitalen Kanälen.
Wie kam es zum Namen „Iceberg“? „Wir fanden, dass ein Eisberg (engl. Iceberg) ein cooles Bildnis darstellt, um unser Geschäftsvorhaben zu beschreiben. Dessen Spitze ist das, was der Kunde sieht und kauft. Jedoch liegen 80 bis 90 Prozent des Eisbergs unter Wasser. Bezogen auf unser Unternehmen sind dies die Energie, Motivation und Leidenschaft, die wir als Team einbringen, damit am Ende ein solides Produkt steht.“ Unter der eingetragenen Marke UNITURE verkauft „Iceberg“ seit September 2020 alles rund um Homeoffice. Unter der Marke STANDWERK werden bereits seit März 2019 innovative, hochwertige Produkte in der Outdoor-Nische verkauft und unter der Marke „Naturstube“ sind Küchen- und Haushaltsprodukte aus nachwachsenden Ressourcen im Angebot.
„Durch die Möglichkeit, im Innovationszentrum (INNOZ) zu gründen, hatten wir von Beginn an eine gründerfreundliche Umgebung. Das INNOZ bietet ein Netzwerk in die Wirtschaft und die Vermittlung wertvoller Kontakte in jeder Phase unseres Wachstums. Wir nehmen regelmäßig an Veranstaltungen der Gründungsinitiative stAArt-UP!de Teil und stehen ständig in Kontakt mit anderen Gründern der Hochschule Aalen“, sagt Ly. „Als remote arbeitendes Team (Markus in Wien, Mathias nahe München, Marco in Würzburg, Andreas in Dresden und Vadim arbeitet von Thailand aus), finden wir uns immer wieder im InnoZ für Teamweeks zusammen, um das Gemeinschaftsgefühl zu steigern und uns vor Ort mit anderen Gründern auszutauschen.“
Es mache Spaß, kreative Ideen zu entwickeln, umzusetzen und am Ende zu sehen, „wie jemand das Produkt hart feiert und nutzt“, sagt Ly. Markus Strobel meint: „Jeder von uns träumt davon, jemanden mit unserer Outdoorausrüstung auf dem Berg zu treffen, ein Homeoffice zu sehen, das mit unseren Produkten ausgestattet ist, oder einen nachhaltigen Haushaltsartikel zufällig bei einer Bekannten zu sehen. Und an diesem Traum sind wir ganz nah dran.“ Zudem: „Wir sehen uns nicht als Unternehmen mit Mitarbeitern, sondern als Gefährten in einem gemeinsamen Abenteuer. Wir haben nie das Gefühl, hart zu arbeiten, sondern eher, dass wir zusammen Meilensteine erreichen, Spaß haben und über uns hinauswachsen“, fasst es das Iceberg- Team zusammen. Die Corona-Pandemie habe auch Iceberg ordentlich durchgerüttelt, strategisch sei vieles angepasst worden. „Gerade am Anfang sind so gut wie überall die Umsatze massiv eingebrochen und es kam zu Engpässen mit den Lieferanten. Inzwischen hat sich alles ganz gut erholt und wir konnten stetig wachsen“, sagt Ly. Und wo geht das Abenteuer hin? „Wir wollen auf jeden Fall in ein paar Jahren mit UNITURE zu einer etablierten Marke in der EU werden, und zwar von Aalen aus, und wir suchen dabei stets weitere Gefährten“, sagt Markus Strobel. Copyright: Schwäbische Post Aalen, Autor: Martin Simon